Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Monat: April 2009 (Seite 1 von 2)

Welch Glück, ein Mann!

Besonders packt am heißen Julitage
mich Lust, wie einen Hasen im Genick.
Wohl ob des Beinkleids, das ich sommers trage,
passiert mir allzuoft ein Missgeschick.

In jener mehr als nur prekären Lage,
dem einen peinlich, schweren Augenblick,
in dem ich allem Weiblichen entsage,
wünsch ich mir still das Schneegebraus zurück.

Doch hat manch Frau mit prallen Argumenten
ein Herz für meine Art ihr schön zu tun,
zeigt ihre Lust an meinen Komplimenten,

versteht sie als ästhetisch opportun;
und dankt sie mir mit himmlischen Talenten.
Welch Glück, ich bin ein Mann und nicht immun!

Wattgrillen

(beklopptes zehnsilbiges Grillsonett)

Ich latsch, die Beine schwer, durch’s weiche Watt,
am Himmel steht die Sonne feuerrot
grillt unbarmherzig weiße Möwen tot,
das irgendwie was Traurigschönes hat.

Es riecht nach Grill, die Luft ist knuspersatt.
Hätt‘ man zudem noch feines Knabberbrot,
und nicht vom Grillmief solche Atemnot,
dann fände hier ein Möwenfestmahl statt.

Vorausgesetzt man hätte auch noch Bier
und Grillgewürz und knackigen Salat.
Dann stünden sicher alle Leute hier,

mit Pappgeschirr und Lust auf Fleisch parat.
Ich denke, das gefiel auch sicher mir,
hätt auch aus Plastik mein Besteck am Start.

Plagiat!

Mancher mimt den Morgenstern
und schafft ein Plagiat,
zwar hat er schöne Reime gern,
doch schreibt er desolat.

Ein andrer raubt dem Ringelnatz,
sein Lyrikpotential,
denn jeder selbst gemachte Satz
klingt windschief und banal.

Wer Goethe, Benn und Busch bestiehlt
auf dass er höher steh‘,
mit Jandl, Roth und Rilke spielt,
für schnödes Renommee,

der ist bei allem Augenschein,
von hoher Reimerei
ein Künstlernichts und hundsgemein,
ob dieser Ferkelei.

Überschall (Seitensprungsonett)

Ich lag in deinen weichen Sehnsuchtshügeln,
wie süß betäubt von deinem Weiberduft,
im Süden Leidenschaft, kaum mehr zu zügeln,
rang ich im tiefsten Busental nach Luft.

In heißem Übermut dich sanft zu bügeln,
mit praller Lust auf deine feuchte Gruft,
wuchs meinem Po ein Paar von Engelsflügeln,
und Lust auf deine zuckersüße Kluft.

Doch schlug im Hintergrund die Wohnungstüre,
nicht zu mit einem lauten Donnerknall?
Erschreckt, inmitten wirrer Liebeschwüre,

von jenem drohlich nahen Türenfall,
floh ich, kaum fertig mit der Ouvertüre,
aus deinem Duft, vor ihm, mit Überschall.

Einkaufsliste

Schatz, wir brauchen sicher Butter –
denk auch an Blumen für die Mutter,
Milch und Brot und Frühstücksflocken,
und für mich die Ringelsocken.

Schatz, wie war das mit den Eiern
und dem Sekt, um was zu feiern,
Zahncreme, Wein und Gummibärchen,
Klingen für die Wadenhärchen,

Fleisch, Reis, Nudeln und Kartoffeln,
sag, dir fehlen doch Pantoffeln,
und für mich ein Negligee,
für den Spaß im Separee.

Ach – die Erdbeern für die Stunden
nach dem Einkauf sollen munden,
drum schreib Sahne, süß, zum Sprühen
auf die Liste unsrer Mühen.

Und abends wenn die Pflicht getan
sprühn wir uns mit Sahne an,
naschen Beeren von uns beiden,
und sind wirklich zu beneiden…

Ein Hauch von Frühling

Der Frühling singt in butterweichen Düften
und riecht verrückt nach süßem Blütenklang,
hängt fliederweiß in prachtvoll lauen Lüften,
aus jedem Baum schmeckt lieblicher Gesang.

Er spielt ein Lied in meinen Winterhüften,
mein Herz pocht wild im süßen Überschwang,
der Lenz kommt meine müden Glieder lüften,
weckt Liebeslust und frechen Tatendrang.

Will mich nach kunterbunten Blumen bücken,
solang Du nicht an meiner Seite bist,
würd‘ lieber deine zarten Blüten pflücken,

wär gern dein schüchtern, lüsterner Florist –
ach, welch ein Unsinn pulst durch meinen Rücken,
nur weil in mir ein Hauch von Frühling ist.

Der Philanthrop

Es war einmal ein Philanthrop,
der kaufte sich ein Stethoskop,
das Herz des Menschen zu ergründen
und dessen guten Kern zu finden.

Doch er sah schnell und schmerzlich ein,
es reicht nicht Philanthrop zu sein.
Er wählt ein neues Studium
und schult zum Geologen um.

Ritter!

Mein Ritter, lass die Waffen ruhen,
die Rüstung drückt dir im Genick
und von schweren Eisenschuhen
werden dir die Füße dick.

Dein Schwert ist schwer und baumelt träge
gleich einem Pendel ums Gemächt,
drum achte, dass die Knochensäge
dich nicht entmannt beim Kriegsgefecht.

Dein treues Pferd ist eine Mähre,
ein dürrer, alter Klappergaul,
auch wenn es etwas schneller wäre
es bliebe zum Galopp zu faul.

Du solltest dich nach Blumen bücken,
statt dich zu opfern in der Schlacht.
Nur schade, dass der Pfeil im Rücken,
dir irgendwie Probleme macht.

Dein Leben schließt, und das klingt bitter,
bei einem Kampf im Böhmerwald,
trotz kurzem Ruhm, warst Du ein Ritter
von letztlich trauriger Gestalt…

0:4 (aus aktuellem Anlass)

44 Fußballwaden
kickten um die Championsleague,
na ja, die Hälfte ging wohl baden,
die anderen spielten um den Sieg.

22 schnelle Hirsche
trafen sich zum Stelldichein
als 11 noch schliefen, schlug die Kirsche
4 Mal in ihrem Kasten ein.

12 Millionen Fußballbayern
hofften auf den Paukenschlag,
doch da war kein Grund zum Feiern,
Mittwoch war ein Trauertag.

Knapp 2 Millionen Katalanen
feierten den Sieg zuhaus,
den Bayern zog (das war zu ahnen)
ihr Team die Lederhosen aus.

0:4, welch ein Debakel
der Kaiser schmollt, der Hoeneß schäumt,
vor Wut, denn neben diesem Makel,
sind alle Träume ausgeträumt.

Die Chancen schmerzensreich gemindert,
steigt man vom hohen Ross herab,
der Abstieg ist zum Glück verhindert –
jetzt will man den UEFA Cup…

Via Dolorosa

Ein Reim ist meistens nicht so schwer
zu finden, denn er springt ins Ohr,
doch mancher plagt sich sichtlich sehr,
mit all den Worten kurz davor.

Man reimt drauf los, ganz ohne Zaudern,
damit man nicht gefressen wird,
und lässt im Grab Herrn Duden schaudern
der schmerzverzerrt im Grab rotiert.

Drum wähle mancher lieber Prosa,
wenn er zu schlechte Verse schreibt,
weil Deutsch als Via Dolorosa
den Leser in den Wahnsinn treibt…

Lyrik

Man müh‘ sich, abseits aller Seele,
die leis in seiner Lyrik ruht,
dass man nicht seine Leser quäle,
mit Hybris und mit Übermut.

Kunst komm nicht in trüben Schwaden
aus einem Erdloch, das Gedichte kreisst,
steht nicht zum Kauf in einem Laden
als Esel, der die schönsten Reime scheißt.

Doch fehlt Talent, so sei nicht traurig,
weil dich die Muse wohl nicht liebt,
so manches klingt nicht ganz so schaurig,
wenn man sich etwas Mühe gibt…

Partnerbörse

Manch Mann, der eine Frau anhimmelt,
wird schnöde von ihr abgewimmelt,
so dass er, wenn er häufig scheitert,
im Web sein Jagdrevier erweitert.

Dort jagt er duldsam und behände
östrogene Restbestände,
und hofft, bei meist betagten Gütern,
auf’s Schnäppchen unter Ladenhütern.

Doch die vom Land hat Cellulite,
und ist auch sonst kaum Aphrodite,
derweil die Schöne aus der Stadt
Haare auf den Zähnen hat.

Und eine (sieht nach Hexe aus),
mit einem kleinen Kind zuhaus,
zieht seiner hohen Denkerstirn
ein Sixpack vor, mit Erbsenhirn.

Er merkt schon bald, die Onlinewelt
verspricht viel mehr, als sie dann hält,
zumal die Frauen weder blind
noch einsam, blöd und wahllos sind.

Denn er, in seiner Live-Version,
wirkt kaum wie der Adonis-Klon,
als den er sich, voll selbstverliebt,
mit Nick, Profil und Bild ausgibt.

So stellt er fest, das Internet
erhöht die Chance auf’s Tete a tete,
doch zählen, nebst Bescheidenheit,
in Wahrheit Charme und Ehrlichkeit.

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