Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: küssen

Erfahrungssache

Hörst Du die Zeit im Ticken einer Uhr,
siehst Du den Wind im zitternden Geäst?
Was Du da wahrnimmst ist doch immer nur,
die Art wie sich ihr Wesen spüren lässt.

Woran jedoch lässt sich die Liebe sehn?
An einer Tat, der Miene, einem Kuss?
Lässt sie die Uhr ein wenig anders gehn,
hat einen ganz speziellen Habitus?

Ich glaube nicht, dass man sich je erklärt,
was Liebe tief in ihrem Wesen ist,
doch scheint  mir sehr, dass  jener  mehr erfährt,
der selber liebt und den Geliebten küsst.

Dich, nur dich, mein Schatz

Seit ich dich kenne lach ich wie auf Drogen,
mir tief im Brustkorb tobt ein wilder Takt,
in einen sahnig süßen Sog gezogen,
hat mich der Wahn am Kragensaum gepackt.

An meinem Himmel jauchzt ein Chor von Geigen,
ein Starkstromkabel zuckt in meiner Brust,
Hormone tanzen lüstern einen Reigen,
ich seufze oft –  und meistens unbewusst.

Im Großhirn ein Bewuchs von Gladiolen,
versüßt mir Lust auf dich den langen Tag.
Ich springe wie ein frisch geschlüpftes Fohlen,
weil ich vor Freude nicht mehr sitzen mag.

Lang vor dem Abend denk ich an die Nächte,
in meinem Beinkleid mangelt es an Platz.
Mich zwingen wilde und geheime Mächte
Dich stets zu küssen, Dich, nur dich, mein Schatz!

Audienz

Ich beiß dir rote Flecken
ins Elfenbein der Haut,
wie hat mein sanftes Lecken
sie morgengleich betaut.

Ich zünde Freudenfeuer,
Du brennst, ich schmecke heiß
das Salz, und ungeheuer
die Lust in deinem Schweiß.

Gelenkt vom leisen Wimmern,
dem Griff in meinem Haar,
bestaune ich das Schimmern
in deinem Alcazar.

Ich klopfe an die Pforte,
Du seufzt und lädst mich ein,
zeigst mir ganz ohne Worte,
ich soll willkommen sein.

Beredt verlangt mein Schweigen
fast frech nach Audienz,
bei dir in einem Reigen
von Schwingung und Frequenz.

Bald spüre ich im Zittern,
das samten dich durchwebt
die Welt ins Nichts zersplittern,
als jäh dein Schloss erbebt.

Der süßen Pflicht enthoben,
sagt mir dein weicher Blick:
„Komm her, ich bin hier oben,
mein Mund will dich zurück.“

Gleitzeit

Es war ein Tag wie Terpentin,
ich zog Routinekreise,
die Zeit roch streng, flog schnell dahin,
auf altbekannte Weise.

Auf einmal drang ein Duft von Grün,
in meine Blinddarmnase.
Ich schmiss den Nachmittagstermin,
floh alle scharfen Gase.

Die frische Luft roch feminin,
nach bunter Blütenpause,
ich küsste meine Gärtnerin,
und nahm sie mit nach Hause.

Mehrstromland

Ein Samtgeflecht von weichen Grannen
ummoost dein Tal der Fruchtbarkeit,
durch das einst warme Bäche rannen,
wie Tränen der Glückseligkeit.

Ich wollte mich auf ewig laben,
in deinem wilden Mehrstromland,
mich tief ins süße Früchtfleisch graben,
das ich so satt und saftig fand.

Mir war das Schicksal nicht gesonnen,
der Herbst kam schnell und gnadenlos,
zwang mich zum Abschied  aus den Wonnen
in deinem  zarten Sehnsuchtsschoß.

Ich denk noch oft an deine Früchte
die ich noch voller Pracht verließ,
spür  traurig, wie ich  seufzend flüchte,
im Traum zurück ins Paradies.

Augenweide

Ich lieg auf meiner schönsten Augenweide,
von Frühlingsdüften bittersüß umfangen,
den leisen Wind um wintermüde Wangen,
fühl ich die Lust auf sommerfrohe Heide.

Das Kältegrau, an dem ich fröstelnd leide,
weicht zögernd sehnlich schmerzendem Verlangen,
nach Früchten, die in satten Wipfeln prangen,
und Luft um meine Haut, wie Samt und Seide.

Ich atme Gras, spür warme Erde beben,
es reißt ein tiefes, unbedingtes Müssen,
mich in ein neues, prall gefülltes Leben.

Ein Traum, genährt von nimmermüden Flüssen,
lässt mich in immergrüne Himmel schweben,
und ich will endlich deine Lippen küssen…

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