Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Leben (Seite 2 von 2)

Eile, Weile

Eile, eile durch das Leben,
raffe, was zu raffen ist,
ohne Mitleid, ohne Geben,
weil Du nicht unendlich bist.

Weile, weile in den Dingen,
nutz die Zeit und schenke dich.
Soll dein Sein dir wohl gelingen,
gib, und Du währst ewiglich.

Haste, haste bis zur Bahre,
sieh im Menschen nie den Zweck,
weih dem Mammon deine Jahre,
was Du brauchst, nimm andren weg.

Raste, raste in den Zeiten,
such den Rhythmus in der Welt,
lass dich durch die Stunden gleiten,
lieb die Liebe, nicht das Geld.

Rase, rase, bleib nicht stehen,
füll vor andern deinen Bauch.
Weil die Tage schnell verwehen,
ist dein Leben Schall und Rauch.

Reise, reise, statt zu rasen,
bleib ein Freund, geh nicht allein,
sei der Igel unter Hasen,
lass dein Leben wertvoll sein…

Diogenes

Ein Philosoph in alter Zeit,
der lebte in der Tonne,
war ohne Gier und ohne Neid,
und döste in der Sonne.

Von jenem schieren Sonderling,
da hören wir Geschichten,
dass er zumeist zum Marktplatz ging,
die Notdurft zu verrichten.

Dort legte er auch Hand an sich,
um seiner Lust zu frönen,
und fand das jemand widerlich
dann hörte man ihn höhnen.

Bei Tag nahm er Laternenlicht,
und wollte es begründen,
so sinnlos sei die Lampe nicht
will man den Menschen finden.

Gefragt nach seiner Heimatstadt,
wohin die Götter ihn gestellt,
sprach er, was sehr verwundert hat
“Ich bin ein Bürger dieser Welt.”

Er sah mal wen mit hohler Hand,
am kühlen Bach sich laben,
warf seinen Becher in den Sand
und wollt ihn nicht mehr haben.

“Wie solln wir Dich begraben?”
hat man ihn einst gefragt.
„Kein Grabmal will ich haben”,
hat er darauf gesagt.

“Dort wo ich sterbe lasst mich sein
Ihr müsst mich nicht bedecken
zum Schutz vor Tieren mein Gebein
will ich nur einen Stecken.”

“Was willst Du mit dem Stecken, Narr?
Du kannst ihn tot nicht führen” –
“So werd ich” sprach der Weise da,
“auch ihren Biss nicht spüren.”

Ein großer Herrscher wollte gern
des Weisen Gier entfachen
drauf bat er still und leis den Herrn
ihm Platz im Licht zu machen.

Diogenes mag Beispiel sein
von alters her, in alle Zeit,
es braucht nicht viel zum Glücklichsein
übt man sich in Genügsamkeit.

Traurige Gedichte

Was schreibt ihr stets für traurige Gedichte,
als sei die Welt ein ödes Jammertal,
macht schreibend alle Hoffungen zunichte
sie spende Glück, statt allzeit schwerer Qual.

Ihr schreibt von Wunden und von alten Narben
doch nicht von zarter Liebe und Genuss
betont das Leiden und das immer Darben,
lebt ohne Kraft im ewigen Verdruss.

Ach! Kommt und öffnet eure trüben Augen,
die Welt ist schön, trotz jeglicher Kritik,
mag nicht perfekt zum zweiten Himmel taugen,
doch kennt manch zauberhaften Augenblick.

Erinnert euch und wägt die vielen Tage,
erkennt im Pendel eures Glücks den Sinn.
Das Leben ist die Achse einer Waage
dreht sich für den, der will, zum Guten hin.

Der Fährmann

Es greift der Tod mit kalten Händen,
nach einem Herzen, jung und rein,
kommt zarten Atem jäh beenden
und lässt es kaum ein Leben sein.

Wie wahllos und uns kaum verständlich
so folgt er seiner Henkerpflicht,
zeigt grausam, wir sind nicht unendlich,
löscht kalt des Lebens Flackerlicht.

Mal naht er schnell, mal erst nach Jahren,
doch ist der Zeitpunkt unbestimmt,
wann wir mit ihm als Fährmann fahren
und wann er uns den Herzschlag nimmt.

Greift er schon früh nach einer Seele ,
nach einer viel zu kurzen Zeit,
fragt manche schmerzgeschnürte Kehle
nach Liebe und Gerechtigkeit.

Doch scheinen viele, die verweilen,
trotz Jahren, ohne Daseinssinn,
weil sie durch ihre Tage eilen –
wie blind – und gehen sinnlos hin…

Zerträume nicht

Denk dir nicht den Alltag schön,
zerträume nicht den Tag,
leben heißt nicht stillzusteh’n,
damit es glücken mag.

Leg nicht die Hände in den Schoß,
für trügerische Ruh‘,
am Ende bleibt dir nämlich bloß
ein fremdbestimmtes Du.

Flüchte nicht in Illusion,
stattdessen bleib dir treu,
und das Glück macht sehr bald schon,
dein ganzes Leben neu….

Letzte Bänder

Der fahle Mond nährt sorgsam kahle Zweige
mit seinem nüchtern kalten Spiegellicht,
des Sommers Leuchten geht zur letzten Neige,
wenn kühler Wind die späte Wärme bricht.

Das nasse Blattwerk treibt verspielt im Regen,
von müden Bäumen, die ins Rot sich färben,
ich will mich jetzt noch nicht zur Ruhe legen,
in einer Herbstnacht möchte ich nicht sterben.

Es fällt der weiche Schnee aus Wolkentürmen,
die nackte Erde färbt sich sittsam weiß,
schon bald, inmitten von Dezemberstürmen,
schließt sich auf stillem See ein Hauch von Eis.

Umspielt vom Silberschein der sanften Flocken,
entspringt am Fuß der schwer behängten Weiden,
ein erstes zartes Grün von Osterglocken,
im Winterschlaf der Welt will ich nicht scheiden.

Im März verzaubern fröhlich neue Triebe,
die Welt mit ihrem bunten Farbenspiel,
in Knospen lockt ein Glaube an die Liebe,
die jüngst dem harten Frost zum Opfer fiel.

Ein Hoffnungsfunke spricht aus jungen Blüten,
wenn sie, sich öffnend, in den Sommer weisen,
mein Herz geht auf in diesem satten Brüten,
im Frühling möchte ich nicht heimwärts reisen.

Hell strahlt das Licht aus üppig gelben Feldern,
sein Zauber füllt die Welt mit praller Lust,
ein tiefer Tannenduft aus grünen Wäldern
erfüllt mit Kraft und Hoffnung meine Brust.

Erst wenn zuletzt die schönen Tage weichen,
und wir von fern des Malers Leinwand sehen,
wenn Herbst und Sommer sich die Hände reichen,
bin ich bereit, den letzten Weg zu gehen.

Doch kommt das Ende nicht nach dem Kalender,
auch weiß er nicht, wann Du berufen bist.
Drum leb ich so, dass meine letzten Bänder
sich lösen, wenn in mir ein Sommer ist…

Lebensuhr

Ich hatte eine Kinderuhr,
die zeigte auch Sekunden,
sie waren mir wie Stunden,
so lang schien meine Lebensschnur.

Später war mein ganzer Tag,
verdichtet auf sein Drittel,
war kaum mehr als ein Mittel,
dass ich abends schlafen mag.

Heute bin ich selbst die Uhr,
es rasen meine Stunden,
als wären sie Sekunden,
sag, wo blieb mein Leben nur…

Die Zeit

Die Zeit zu fassen, wird dem Geist wohl stets misslingen,
uns ist sie Äther im, und Band zum Jetzt und Hier,
sie ist verwoben in uns Menschen und den Dingen,
wie auch das Ding und wir sind fest verknüpft in ihr.

Es misst die Uhr nichts sonst, als nur den Gang von Zeigern
auf einer sturen Reise um ein Ziffernblatt,
doch hilft ihr nicht, auch wenn sie ihr den Dienst verweigern,
dass auch die Uhr ihr Alter und ihr Ende hat.

So sind wir alle in den viel zu knappen Tagen,
wie jedes Wesen in der äußeren Natur,
von gleicher, aber dennoch eig’ner Zeit getragen
und jedes Tun ist wie das Ticken einer Uhr.

Mal fließt die Zeit wie zähe Lava schwerer Stunden,
mal jagt sie wie im Falkenflug beschwingt ins Nichts,
dann dehnen zu Äonen sich uns Schmerzsekunden,
und mancher Tag vergeht im Flackern eines Lichts.

Was wären wir, erlöst von jener letzten Grenze,
wie wär der Wert des Daseins, wenn man ewig lebt?
Wo läg der Sinn des Lebens, ohne jene Gänze,
nach der man angesichts des Neins im Ende strebt?

Ein heller Blitz im Schwarz der Nacht ist unser Leben,
der Bauch der Mutter und die Erde sind sein Schoß,
lebt man die Zeit als Auftrag und Geschenk gegeben,
lässt man im Abschied traurig, aber friedlich los…

Rad der Zeit

Das Rad der Zeit als Dieb es kam,
auf leisen Sohlen in der Nacht,
doch hat die Jahre, die es nahm,
zugleich es zum Geschenk gemacht.

So fühle ich trotz manchem Hagel,
der meinem Schicksal Beulen schlug,
trotz manchem blau gehau’nen Nagel,
und manchem dummen Selbstbetrug.

Das Glück ist keine Schicksalsfrage,
folgt nicht des Zufalls Würfelspiel,
verweist manch böse Lebenslage,
doch auf ein falsch gewähltes Ziel.

Das Lebensglück ist wie das Eisen,
es will im Tun geschmiedet sein,
der Lebensweg ist wie ein Reisen,
und führt uns in uns selbst hinein.

Existenz

Verzückt lausch ich in watteweicher Winterweite
dem leisen Klang der weißen Flockenmelodie,
hör, was verspielt aus ihrem grauen Himmel schneite,
auf kalter Erde sich mit nassem Flaum vereinen,
aus Nichts ins Nichts in einer stillen Elegie.

Ich seh entrückt aus tiefen Wolken Flocken stieben,
im Tanz zu einer viel zu kurzen Partitur,
spür wie sie ihre Illusion von Freiheit lieben
bevor sie schwer vom Dunst die letzten Tränen weinen,
und stumm vergehn im Schein vom Zauber der Natur.

Der kleine Pinguin

Weinend saß ein Pinguin
auf einer kalten Scholle,
eine Robbe schwamm dorthin
und drehte eine Rolle.
„Was weinst Du kleiner Pinguin?
Du schaust so traurig aus.
Was reißt dich so zu Tränen hin,
was ist dir so ein Graus?“

Da fragte ihn der Pinguin:
„Was lässt dich in dem Glauben,
dass ich ganz voller Trauer bin,
mir meinen Frieden rauben?“

Da sprach die Robbe: „Pinguin,
es ist nicht nur ein Wähnen.
Auf deinen Wangen – kristallin,
seh ich geeiste Tränen.“

Da lachte unser Pinguin:
„Ach Robbe, das ist fein,
vor Lachen ist mein Schmerz dahin,
Du musst ein Sehhund sein.“

So zeigt der kleine Pinguin,
man kann mit gutem Willen
und einem Witzchen zwischendrin,
manch Tränenflüsse stillen.

Jahreszeiten

Der Tag hängt schläfrig in den Flüsterbäumen,
die sich der schwarzen Nacht entgegen wiegen,
ein Säuseln sieht das bunte Herbstlaub fliegen,
in meine letzte Wahrheit, aus den Träumen.

Manch Freuden, die des Frühlings Tage säumen,
sind mir, zu Ross, ins rote Blut gestiegen,
sah ihm die Kraft in schwer umkämpften Siegen,
wie Wollust heiß um Maul und Nüstern schäumen.

Die reife Sonne warm in meinen Venen,
um mich der Duft von gold’nen Weizenähren,
gebaren Angst und Hoffnung mir ein Sehnen,

ein Traum, in dem die Sommer ewig währen,
statt sich bemalt ins kalte Nichts zu dehnen,
zu schneeumflorten, letzten Winterfähren.

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