Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Meinung

Senf

Mehr Achtung vor des andern Gaben,
in dieser Welt, das wünsch ich mir,
die Erde könnte Frieden haben,
wär Schweigen eine Menschenzier.

Hab ich nicht wirklich was zu sagen,
dann beiß ich mir die Lippen wund,
statt irgendwas hinauszutragen
mit meinem nimmermüden Mund.

Doch seh ich ein, da sind Milliarden,
und jeder sagt so viel dahin,
würd ich zu sehr im Selbstschmerz baden,
ob jedes andern Eigensinn,

ich käm nicht mehr zu meinen Dingen,
und Menschen, die mir wichtig sind,
mein Leben könnte kaum gelingen,
als Fähnchen in des andren Wind.

Drum will ich mich nicht sehr erhitzen,
wenn jemand anders anders meint,
weil jedes fremdbestimmte Schwitzen
mir mehr als überflüssig scheint.

Ohne Meinung

Der erste Reim ist nicht romantisch,
erzählt auch nicht vom Liebesspiel,
er dreht syntaktisch und semantisch
sich nicht ums Herz im Dichterstil.

Der zweite Vers ist nicht politisch,
greift keinen Missstand klagend an,
im Inhalt überhaupt nicht kritisch,
schließt er so zahm, wie er begann.

Der Winter fehlt in diesen Zeilen,
der Herbst wird gänzlich ignoriert,
der Lenz soll keine Schwermut heilen,
der Sommer wird nicht diskutiert.

Sogar der Tod wird ausgelassen
ganz konsequent in Strophe vier.
Geburt und Leben lyrisch fassen,
dafür steht dies Gedicht nicht hier.

Auch Engel, Teufel und Konsorten,
die Hölle und das Himmelstor,
sie bleiben in des Dichters Worten,
aus guten Gründen außen vor.

Und fragt der Leser sich im Stillen,
wozu dies Werk, worin der Sinn,
des Reimens um des Reimes Willen,
dann weil ich ohne Meinung bin.

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