Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Mut

Wen anders

Ich kann dich nicht zum Maßstab machen,
ob manch Erlebnis, statt zum Lachen,
im Wirklichkeit zum Weinen ist,
weil Du für meines Lebens Sachen
zumeist auch nicht die Quelle bist.

Ich würde auch zuviel verlangen.
Vermutlich wärest Du befangen,
weil Du auf mich mit Augen schaust,
die liebend um mein Schicksal bangen,
wenn mich des Lebens Sturm umbraust.

Ich will mich deshalb nicht verstellen,
denn Du sollst dich dem zugesellen,
der ich in meinem Herzen bin,
damit Du in des Lebens Schnellen
mir mehr bist als Besucherin.

Ich will nicht zögernd radebrechen,
zeig mich mit meinen ganzen Schwächen,
dass Du nicht blind Gefühle gibst
und mich, ob trügender Versprechen,
am Ende als wen anders liebst.

Reisefieber

Hab Reisefieber, seit ich dich getroffen,
ich schnür mein Bündlein, doch mein Ziel ist offen.
Ich packe pfeifend meine Siebensachen,
Geduld, Begehren, Kraft und Mut, mein Lachen,
Vertrauen, Lust und Liebe ohne Schranken.
Ach, das sind acht? Ich will dem Schicksal danken,
und wär am Ende wirklich nicht verwundert,
fänd ich, bevor der Koffer voll ist, hundert.

Jemanden lieben

Jemanden lieben heißt vor allem fragen,
zuerst den Menschen im Geschlecht zu sehen,
sich ohne Grenze zu ihm hinzuwagen,
und im Geliebten auch zum Freund zu gehen.

Jemanden lieben heißt sich ganz entblößen,
sich ohne Scheu dem andern zuzumuten,
mit ihm des Lebens Schnellen zu durchflößen,
und ihn, mit allem was man ist, zu fluten.

Jemanden lieben heißt es laut zu sagen.
Doch auch im stillen Tun kann er verstehen,
denn selbst im Schweigen liegt ein Brückenschlagen,
und auch auf dieser Brücke kann man gehen.

Durch dich

Durch dich seh ich die Welt mit tausend Augen,
seh jeden Schimmer in der schwarzen Nacht,
aus deinen Blicken kann ich Hoffnung saugen,
Du schaust auf mich, gibst sorgsam auf mich acht.

Durch dich kann ich durch jene Wände hören,
die ich mir bau zum Schutz und als Versteck,
Du bist der Weg aus meinen Nadelöhren,
in dir bekommt mein Dasein einen Zweck.

Durch dich wird meine Adamshaut empfänglich
für jede noch so leise Zärtlichkeit,
ich bin durch dich nicht weiter unzugänglich,
Du machst mir Mut und schenkst mir Sicherheit.

Durch dich ist da ein Duft im Trivialen,
ein Hauch von Übermut liegt in der Luft,
die Sonne hat mehr Licht in ihren Strahlen,
Du bist die Brücke über meine Kluft.

Durch dich kann ich aus deinen Poren lesen,
verspüre Heimatglück an deiner Haut,
mein Herz blüht auf, ich kann vom Schmerz genesen,
die Welt wird warm durch dich und urvertraut.

Durch dich liegt Einheit in den Einzelsinnen,
Fragmente fügen sich, mein Sein wird heil,
die Zeit will nicht mehr ohne Wert verrinnen,
Durch dich wird mir ein neues Glück zuteil.

Projektionen?!

Ich seh in dir, was ich mir ständig schulde,
ein heller Strahlenkranz von fern geglaubtem Glück,
doch statt vom kalten Spiegel, den ich morgens nur erdulde,
fällt es aus dir zu mir als Lichterblitz zurück.

Nur will mir scheinen, dass ich dir was stehle,
wenn ich in dir den Urgrund meiner Seele spür,
lieb ich dich nur verängstigt, dass ich mich nicht mehr verfehle,
dann leb ich nur die Pflicht, und liebe nur die Kür.

Nun steh ich hier und blicke auf die Teile,
kann sie wie Inseln in des Daseins Wassern sehn,
so wie Atome, die im Molekül für eine Weile
durch dich verknüpft in tieferer Verbindung stehn.

Geh bitte nicht! Ich will nicht mehr alleine,
ein halbes Ich sein, das ein seltsam halbes Leben lebt,
nimm deinen Mut und deine Kraft und knüpfe sie an meine,
weil meine Sehnsucht in dir nach Erfüllung strebt.

Zuversicht

Streich mir die Liebe in die Poren,
doch tu es sanft und ohne Hast,
ich habe meine wohl verloren,
obwohl wir sie uns damals schworen,
vielleicht hab ich nicht aufgepasst
und sie ist unterwegs erfroren.

Erwärme mich mit deinem Lachen,
bevor mein Herz vor Kälte bricht,
ich will das Feuer neu entfachen,
und möchte neben dir erwachen,
in liebevoller Zuversicht.

Letzte Reime

Wie werden meine letzten, leisen Worte lauten,
lieg ich schon brach, und ganz dem Untergang geweiht?
Was bricht heraus, von dem noch in mir Angestauten –
sind Zorn und Trotz, statt Mut und Weisheit mein Geleit?

Soll mich die Angst vor jenem großen Unvertrauten,
verstummen lassen? Sterbe ich in Schweigsamkeit?
Zerstört das Sein am Scheideweg die Mauerbauten
in mir – und füllt mein Herz sich mit Entschlossenheit?

Spür ich den Kern des Todes mir im Körper keimen,
will ich nicht starr an eine kahle Decke sehn,
ich höhne Tod und Teufel in den letzten Reimen,

was nutzt es mir, in Demut und in Angst zu gehn?
Ich möchte laut, nicht ängstlich zitternd im Geheimen,
so wie ein welkes Blatt im kalten Wind verwehn.

Jahresringe

Im Wesen ein Baum,
gezeichnet von Jahresringen
mir unter den Augen,
hängt schwer in den Ästen
mein herbstwelkes Laub.

Gefangen im Traum
such ich nach den wahren Dingen,
die mir jetzt noch taugen,
geplagt von Gebresten,
erblindet und taub.

Der Tod naht zum Raub
labt sich an den Resten
ich lasse ihn saugen,
und gleite auf Adlerschwingen
still über den Saum.

Gedichte

Gedichte taugen nicht zur Bibel,
sind weder Epos noch Traktat,
zu kurz selbst für die dünnste Fibel,
sind sie Gedankenkonzentrat.

Gedichte haben es nicht eilig,
obwohl meist knapp in der Diktion,
sie wirken eher zwischenzeilig
und schlagen einen Herzenston.

Ihr Wert ist niemals nur phonetisch,
erschöpft sich nicht im schönen Klang,
aus ihnen klingt die Welt poetisch
in tief gefühltem Sprachgesang.

Gedichte huldigen dem Leben,
sie rufen auf und schenken Halt,
vermögen Trost und Mut zu geben,
und trotzen lyrisch der Gewalt.

Gedichte können Wege zeigen
aus einem Sein, das sinnlos scheint,
ihr Kraftquell ist beredtes Schweigen,
sie spenden Freude, wo man weint.

Vertrauen

Wenn grabentiefe Sorgenfalten
dir Schneisen in Dein Leben schlagen,
im Herzen Zweifel Einzug halten
und Ängste Deine Seele plagen,

wenn Deine Welt zerbrochen scheint,
und jede Hoffnung ohne Sinn,
dein Himmel nur noch Tränen weint,
und Mut dir fehlt zum Neubeginn,

Dann freu dich an den kleinen Dingen,
die dir des Lebens Füllhorn schenkt,
spür deine Seele leise schwingen,
wenn jemand sorgend an dich denkt.

Vertrauen wächst in vielen Stunden
will es zu großer Kraft gedeihn,
und manchmal braucht es nur Sekunden,
um es dem Untergang zu weihn.

Da soll nicht tiefe Furcht gewinnen,
die dich fast zerreißen will,
lass nicht dein Sein ins Nichts zerrinnen,
und steh nicht angstvoll zitternd still.

Such dir die Kraft aus einer Quelle,
die warm sich in dein Herz ergießt,
an einer fast geheimen Stelle,
die sich dir nicht von selbst erschließt.

Hab Mut, den Weg dorthin zu wagen,
und willst Du nicht alleine gehn,
lass dich ein Stück weit von mir tragen,
bis wir sie gemeinsam sehn.

Dann lass ich dich die letzten Schritte
zu deinem Selbst alleine tun,
und warte hier, nah Deiner Mitte,
um danach mit Dir auszuruhn…

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