Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Nacht

Mit zarter Hand

Die Nacht ist schwarz, schwarz wie die Nacht,
ich kenne keine größre Schwärze,
allabendlich senkt sie sich sacht
in meinen Sinn.
Nur eine kleine Kerze
steht still darin.

Ihr Licht strahlt hell, hell wie das Licht,
ich kenne wohl kein schönres Strahlen.
Wenn leis ihr Schein das Dunkel bricht,
seh an der Wand
ich es dein Antlitz malen,
mit zarter Hand.

Morgenmüde

Der Morgen naht. Mir mischt sich in die Atemzüge
der neue Tag. Er quillt in harten Dämmerschüben
durch das Skelettgeäst der kahlen Bäume
und fräst sich in die letzten müden
fieberschweren Halbschlafträume.

Im Innenauge spielt ein Film aus frühen Jahren,
als wir beseelt von Neugier in den Wiesen saßen.
Die Leinwandlider flackern. Die Pupille
rast wie ein Formel-1-Rennwagen
röhrend durch die Angst der Stille.

Am grauen Himmel quietschen abgewrackte Geigen.
Verschlafne Seelen, die zum Tagwerk eilen,
sehn einen Sternenspiegel der zersplittert,
wie ne kaputte Windschutzscheibe
blind im faden Äther zittert.

Ich wache auf. Die Sonne presst sich durch die Läden.
Ihr fahles Licht zerfällt im Wundsee meiner Tränen
ins Spektrum, und ein blasser Regenbogen
steht stumm im Raum. An Puppendrähten
werde ich ins Nichts gezogen.

ein Haar

Auf meiner Decke treibt ein Haar,
erzählt von unsrer ersten Nacht.
Die Luft war warm und sternenklar.
Es ruht im Meer und schaukelt sacht.

Aus meinem Laken klingt ein Haar.
Als ich dich wie die Geige hielt,
bot es sich mir als Saite dar.
Ich habe leis auf ihr gespielt.

Auf meinem Kissen schwebt ein Haar.
Als Fragezeichen ruht es da.
Nach einem Traum, der Antwort war,
verheißt es mehr, als je geschah.

Nacht der Nächte

Das Mondlicht fällt wie Silberfäden
voll Neugier durch die Fensterläden.
Ich liege wach nach schwülen Träumen
die wirrend meinen Schlaf umsäumen,

seh weiß den Mond in deinen Haaren,
sich sanft mit deiner Schönheit paaren,
kann ohnehin, seit wir uns trafen,
vor Lust und Sehnsucht kaum noch schlafen.

Schon möcht ich deine Haare fassen
dich wecken und mich spüren lassen,
da seh ich wie des Mondes Strahlen
ein Bild auf deine Schläfen malen,

dir Stirn und Nase warm umschmeicheln,
wie sittsam deine Wangen streicheln,
bevor sie weiter ziehen müssen,
um flatternd deinen Hals zu küssen.

Ich lass den Mond noch mehr entdecken,
von dir, und würde dich gern wecken,
doch soll der Reiz und das Vergnügen,
dich anzusehn mir ganz genügen.

Wie Wogen an den grünen Küsten
bricht sich das Licht an deinen Brüsten,
bestreicht die Seiten und die Spitzen
als wolle es sie ganz besitzen,

fährt über deine roten Blüten
in reinen, stillen Liebesriten,
und scheint in schüchternem Verehren
die weichen Hügel zu begehren.

Die Strahlenküsse an den Rippen
sind zart, als zehrten dürstend Lippen
von deinen feuchten Gläserschätzen,
die kosend deine Haut benetzen,

und ziehn in stummen Prozessionen
in weiter südliche Regionen,
um deinen größten Schatz zu finden
und deine Süße zu ergründen.

Der Mond steht nun am Ziel der Reise
am Himmel hoch und streichelt weise,
im Bann des sehnlichsten Erwartens
die Früchte deines Apfelgartens.

Verzückt von dieser zärtlichen Etüde,
im Herzen wirr, doch friedvoll müde,
will ich dem Bild zum Abschied winken
und seufzend in die Kissen sinken,

da spüre ich in dir ein Regen,
ein leises, inneres Bewegen,
ein Seufzen dringt aus deinen Lungen,
so wie ein Laut von Engelszungen,

zu Fingern die beim Karten Malen,
geführt vom Weg der Silberstrahlen,
am Ort, wo deine Früchte sprießen,
sich mit dem Mond zusammenschließen.

Die Knospen deiner samtnen Brüste
verraten mir geheime Lüste,
als deine Hände flink, im Reigen,
dir deinen Weg zum Himmel zeigen.

Ich sehe deinen Bauch sich heben,
wie deine Kuppen zittrig beben,
dich lustvoll tanzend heiß verwöhnen
bis sie ihr Spiel berauschend krönen.

Dein Atem stockt, und zu den Seiten
seh ich die müden Diener gleiten,
die dein Begehr erlösend lenkten
und mir die Nacht der Nächte schenkten.

Des Tages erste Lichterblitze
schaun frech durch mein Lädenschlitze,
mich will der Schlaf, nach diesem Glühen,
nun endlich in die Arme ziehen.

Noch wach im ersten Sonnenschein,
möcht ich das helle Mondlicht sein –
da wachst Du auf und schaust zu mir
und strahlst: „Ich hab geträumt von dir…“

Schiffchen

Wenn der fahle Mond
schon bei Tage
zu sehen ist,

hat die Nacht
nichts mehr zu bieten,
außer ein paar
am Himmel vor sich hin
dümpelnde Schiffchen,

deren Kajütenlicht
mir funkelnde Sterne
vorgaukelt, während
ihre Segel in der Flaute
der schwarzen See
keinen Halt finden,

und die hilflos ankern
in meinen stillen Gedanken…

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