Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Offenheit

Wen anders

Ich kann dich nicht zum Maßstab machen,
ob manch Erlebnis, statt zum Lachen,
im Wirklichkeit zum Weinen ist,
weil Du für meines Lebens Sachen
zumeist auch nicht die Quelle bist.

Ich würde auch zuviel verlangen.
Vermutlich wärest Du befangen,
weil Du auf mich mit Augen schaust,
die liebend um mein Schicksal bangen,
wenn mich des Lebens Sturm umbraust.

Ich will mich deshalb nicht verstellen,
denn Du sollst dich dem zugesellen,
der ich in meinem Herzen bin,
damit Du in des Lebens Schnellen
mir mehr bist als Besucherin.

Ich will nicht zögernd radebrechen,
zeig mich mit meinen ganzen Schwächen,
dass Du nicht blind Gefühle gibst
und mich, ob trügender Versprechen,
am Ende als wen anders liebst.

Blindensprache

Ich lese deine Blindensprache wie mit Händen,
die leise flatternd über deine Seiten streichen.
Du hebst dich mir entgegen, und die Fragezeichen
aus all den andern in mich eingeprägten Bänden

entpuppen sich, verlieren endlich ihr Bewenden.
Die Zweifelgeister, die sich in mein Lieben schleichen,
verwehen unter Fingern, die mit deinem weichen
Papier sich paaren zu vergessenen Legenden.

Ich taste Ängste, Sorge, Mut und dein Versprechen,
stets Buch zu bleiben, lese zwischen deinen Zeilen
dein unverstelltes Ich. Ganz ohne Radebrechen

vermag es sich mir klar und deutlich mitzuteilen.
Dein Wort erstarkt mit meinen kleinen Leseschwächen
kann mich geduldig von dem Fluch der Blindheit heilen.

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