Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Kategorie: Leben (Seite 1 von 4)

Das Leben in all seinen Facetten

Mensch!

Mensch, nimm dich doch nicht so wichtig,
denn Du bist in dieser Welt
nur ein Wurm und ziemlich nichtig,
auch wenn dir das nicht gefällt.

Halte dich nicht für die Krone
dieser Schöpfung, denn Du bist
nur ein schwaches Licht das ohne
die Natur verloren ist.

Füge dich in dieses Denken,
ihm zum Ausgleich bist Du frei,
lern dein Leben achtsam lenken,
ist es doch so schnell vorbei.

Tango

Was macht das Leben lebenswert,
Was lässt es uns besingen?
Was macht es leicht und was beschwert,
Was macht es Tanz, was macht es Ringen.

Lernst Du das Leben endlich ganz
Verstehen und durchdringen,
Siehst Du, das Ringen ist auch Tanz,
Und jeder Tanz ist auch ein Ringen.

Nur Illusion?

Die Welt in meinem Kopf ist nur Metapher,
Die Töne, die ich höre nur Musik,
Nicht sie macht mich! Denn ich bin der Erschaffer
von diesem irre konstruierten Mosaik…?

Die Menschen, die ich treffe: nur Ideen,
Die Dinge, die ich mag, nur schöner Schein,
Die Lieben, die ich liebe, nur Versehen,
Der ganze Daseinsapparat ist mein Design?

Das Alles um mich rum ist nur Chimäre,
Der Himmel und die Erde Konstruktion,
Mein Ich ist ne Maschine und die Sphäre
in der ich leb, an die ich glaub, nur Illusion?

Everywhere

All the places where I stumbled,
all the waters where I drowned,
all the days, when I’ve been humbled,
all the chains that kept me bound,

have not changed my lust for living,
have not killed my love of life,
more than taking, they were giving,
gave me peace instead of strife.

What I saw in all the places
and the people I met there,
what I read in all the faces:
Happiness grows everywhere.

Briefe

Ich habe tief in mir gegraben,
trieb einen Tunnel in mein Sein,
als wollte ich Gewissheit haben,
ich bin in mir nicht ganz allein.

Ich traf im Dunkel meiner Tiefe,
ein Licht, vor dem ich stehen blieb,
vor ihm da lagen all die Briefe
die ich einst an mein Schicksal schrieb.

Kein Wunder

Ich bin nicht schwierig, bin komplex,
ich bin nicht dumm, nur limitiert,
ich bin nicht dick, ich bin konvex,
ich bin nicht grau, ich bin meliert.

Ich bin nicht stur, bin konsequent
bin kein Sarkast, nur Realist,
ich bin nicht schüchtern, bin dezent,
ich bin nicht faul, nur Defätist,

kein Wunder, dass Du schlechter bist.

kurz und echt

Die Zeit verrinnt, ich komm nicht mit,
ich fühl mich unzuhaus,
und halte ich mal mit ihr Schritt
geht mir die Puste aus.

Die Erde dreht sich zu geschwind.
Der Schwung der Rotation
reißt mich zum Grund, der harte Wind
bedroht mich kakophon.

Ist das mein Schicksal bis in Grab?
Bin nicht dazu bereit.
Ich stecke einen Eichenstab
ins Speichenwerk der Zeit.

Die Achse knirscht, die Welt steht still,
das alte Sein zerbricht.
Der Mensch fällt aus dem Scheinidyll
ins Nichts und strebt zum Licht.

Die Nabe birst, der Boden bebt,
mein schöner Traum zerfällt,
doch lieber kurz und echt gelebt,
statt lange und verstellt.

Projektion

Als Traum im Traum voll dunkler Illusionen,
ist meine Welt ein düstres Scheingespinst,
in dem Gespenster und Dämonen wohnen,
aus der ein Teufel hinterlistig grinst.
 
Ich ringe mit den Geistern, die mich plagen,
bekämpfe meine Schwäche und die Angst.
Die Welt? Ein Sammelsurium von Tagen,
an denen Du um deine Seele bangst.
 
Die Liebe? Wahrlich keine große Waffe,
zu stark die Wut der höllenhaften Brut.
Das Leben? Eine trübe Glaskaraffe,
gefüllt mit Eiter und zersetztem Blut.
 
Doch Halt! Da blitzt ein Hoffnungsschimmer,
ein Mensch erscheint in meiner Illusion.
Ein Freund? Zu spät? Auch dieser bunte Flimmer
verflüchtigt sich - schien nichts als Projektion.

Der Gegner

Du hast mich immer beim Laufen besiegt,
auch sprangst und warfst du viel weiter als ich.
Du hast die hübscheren Mädchen gekriegt,
im Grau deines Schattens schämte ich mich.

Stets warst Du der Typ, dem alles gelingt,
gemessen an mir, der schönere Mann.
Hab mich ans kleinere Schicksal verdingt,
ich kam gegen dich und dein Glück niemals an.

Jetzt steh ich im Herbst, bin ziemlich frustriert,
mein Leben war öd, und deins wunderbar.
Es schmerzt so sehr, wenn man immer verliert –
der Gegner ein Selbstbild, das man nie war.

Letzter Vorhang

Irgendwann wird der Chirurg
Deines Lebens Dramaturg.
Auch der Arzt für kranke Herzen,
wird mit dem für Rückenschmerzen,
mit den Jahren immer schneller,
vom Statist zum Hauptdarsteller.
Bald steht Deine Maske schon
auf der Intensivstation.

Mehr Gewicht und Dioptrien,
hart der Stuhl, trüb der Urin,
Zipperlein und müde Glieder,
schlechter Schlaf, trotz schwerer Lider,
Altersflecken, Anus-Schrunden
stehn im Drehbuch deiner Stunden,
und der Tod, fait accompli,
übernimmt des Stücks Regie.

Spiel noch mal, wie nie vorher,
spiel, wie später niemals mehr.
Tobe, wüte auf der Bühne,
gib ein Stück von Schuld und Sühne,
hab den Mut für das Obszöne,
zeige deine leisen Töne,
sei pompös, sei fulminant,
bloß kein Schmierenkomödiant.

Zeig dein ganzes Repertoire,
stell den Tod als Narren dar,
spiel noch einmal um dein Leben,
lass das Publikum erbeben,
lass es lachen, lass es weinen,
lass es krachen, lass dich scheinen,
sei noch mal der große Held,
bis der letzte Vorhang fällt.

Ziellos

Was Du kannst, das willst Du nicht,
was Du willst, das kannst Du nicht.
Was Du musst, soll ganz allein
Inhalt Deines Lebens sein.

Was Du suchst, das kriegst Du nicht,
was Du kriegst, das suchst Du nicht.
All die Dinge, die Du hast,
sind statt Freude, Dir nur Last.

Was Du liebst, das mag Dich nicht,
was Dich mag, das liebst Du nicht,
bis Du Dir ganz sicher bist,
dass Dein Glück unmöglich ist.

Sterben willst Du jetzt noch nicht,
Leben kannst Du scheinbar nicht.
Ziellos fährt Dein Lebensboot,
denn des Käptns Herz ist tot.

Letzte Maniküre

Gelebtes Leben adelt deine Züge,
dein Schicksal hat sich in sie eingekerbt,
zuviel misslang, so manche schwere Lebenslüge
hat mit den Wettern deine fahle Haut gegerbt.

Du wirkst so stolz, doch auch ein wenig müde
und strahlst noch Kraft aus, die nun bald verebbt,
hast weder Zeit noch Sinn für leere Attitüde,
für dich ist dies ein lang verworfenes Konzept.

Dein sanfter Blick durchwärmt des Tages Kühle,
dein mildes Lächeln trotzt dem Zug der Zeit,
dein weißer Arm wiegt schwer am Nabel der Kanüle,
Du wirkst zufrieden und zum letzten Weg bereit.

Die Schwester naht, sie weist mir stumm die Türe.
Du kannst gewiss sein, ich bleib stets bei dir,
doch allzu bald, nach ihrer letzten Maniküre,
bezieht der Tod dein Bett, und Du bist nicht mehr hier.

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