Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Monat: März 2010 (Seite 2 von 3)

Lebenslicht

Wohin ziehn die Lebensfunken,
wenn das Sein zum Nichts sich neigt,
sind sie mit dem Leib versunken,
wenn die Stimme stirbt und schweigt?

Geht der Geist auf eine Reise,
wenn das Auge schließlich bricht,
oder nimmt der Tod ganz leise
mit der Kerze auch das Licht?

Weißt Du, wo die Seelen bleiben?
Wer gibt auf ihr Leuchten Acht?
Wenn wir in das Dunkel treiben,
wartet eine Lichternacht?

Bleiben wir nach letzten Schmerzen,
wenn der Körper schon verdirbt,
noch am Leben in den Herzen,
bis die letzte Liebe stirbt?

Keiner kann die Antwort geben,
weil kein Ton herüber klingt.
Schenk dem Leben drum mehr Leben,
bis die Nacht dich niederringt.

Fahr, auch wenn die Stürme stieben,
mutig durch des Lebens Gischt,
lieb die Menschen, die dich lieben,
dass dein Licht nicht früh verlischt.

Feuerwehr

Ich hab den frühen Morgen ohne Falten
als frisches Laken in die Zeit gespannt,
die Nacht hat lichterloh in uns gebrannt,
jetzt will die Glut nur zögerlich erkalten.

Von der Matratze zog den Hauch von Schwüle
ich sorgsam ab, wie ein Geschenkpapier,
jetzt hängt ihr warmer Dunst wie ein Panier
in meiner Luft – aus meinem Bett steigt Kühle.

Ein Rest von Lust glüht in den neuen Stunden
aus Scheiten zärtlicher Erinnerung,
ein Sehnen hat als feine Maserung
den Weg in unser Zunderholz gefunden.

Komm bald zurück! Wir legen neue Brände,
dann spielen wir in Kissen Feuerwehr.
In unsern Körpern tost ein Flammenmeer
und brennt uns zischend Blasen in die Hände.

Sommerfrüchte

Ich saß auf einem Apfelbaum und langte nach den Früchten,
mein Bauch war voll, das Obst ein Traum, ich wollte grade flüchten.
Des Bauers Tochter kam durchs Gras, schien feengleich zu schweben.
Sie war so schön, dass ich vergaß, mein Fersengeld zu geben.

Sie war das schönste Mädchen hier, sprang tanzend durch die Wiese,
Die Lust bezwang die Apfelgier, und ich rief leise: „Liese…“
Sie schaute auf, sah ins Geäst, doch schien mich nicht zu ahnen,
„War wohl der Wind, der westwärts bläst.“, so glaubte sie den Fahnen.

Sie hockte sich ins grüne Gras und lupfte ihre Säume,
mir wurde flau, die Wiese nass, ich glaubte, dass ich träume.
Ich reckte meinen Jungenhals, um ja nichts zu verpassen,
In meinem Beinkleid schien die Balz mein Werkzeug zu erfassen.

Ich streckte mich, mein Werkzeug auch, die Schwerkraft tat das Ihre,
Ich plumpste auf den vollen Bauch und sie auf alle Viere.
Sie lachte laut und sah ganz lieb mir tief in meine Augen,
Und fragte: Frecher Apfeldieb, wozu kannst Du mir taugen?

Willst Du nicht, dass der Bauer kommt, verdiene dir mein Schweigen.
Verdinge dich, wie es mir frommt, dann will ich dir was zeigen.
Sie zeigte mir ihr Fruchtspalier und tief in meiner Mitte
da regte sich mein Grenadier zum Anschlag auf die Sitte.

Kaum später lag die süße Maid mit mir in Baumes Schatten.
Sie lachte leis, die Höhle weit, und hieß mich sie begatten.
Die Holde zeigte keine Scheu und fasste meine Spitze,
sie seufzte auf und… meiner Treu! zog mich in ihre Hitze.

Ich pumpte und vergaß die Welt, sie ächzte und sie stöhnte,
der liebe Gott am Himmelszelt sah wie ich sie verwöhnte.
Mit einem Mal, ein Zornesruf, der Bauer war von Sinnen.
Ich stürmte nackt, wie Gott mich schuf, noch heiß erregt von hinnen.

Die Kleine blieb, der Bauer nicht, er nahte mit der Forke,
ein Baum verbarg mich Bösewicht, so traf er nur die Borke.
Ich rannte durch das Weizenfeld, gejagt von Fluchkonzerten,
jetzt gab ich endlich Fersengeld, mit schaukelndem Gefährten.

Der Bauer stach, mich traf der Schmerz, ich rannte um mein Leben,
doch statt ins geile Jungenherz, traf er zu tief. Daneben!
Mein Hintern brannte, heißes Blut sprang rot aus meiner Wunde,
der Bauer schrie „Du Tunichtgut! Dir schlägt die letzte Stunde!“

Ich hetzte, wie vom Tod gejagt, durch gelben Sommerweizen,
noch auf dem Hof traf ich die Magd, mit ihren Weiberreizen.
Ich starrte auf die weiche Brust und hinter meiner Stirne
verging die schnöde Apfellust – ich wollte lieber Birne.

Die Bäuerin im Nachtgewand, sie stellte sich verwegen,
mit einem Besen in der Hand der wilden Flucht entgegen.
Ihr praller Fruchtstand bremste mich, als mich der Bauer mähte,
die Gabel traf mich fürchterlich, weil ich den Anstand schmähte.

Der Bauer schnaufte. Als ich sank, sah ich des Weibs Balkone,
zog taumelnd ihre Brüste blank und dachte an Melone.
Ihr Hemd engtlitt, die Ohnmacht kam, ich konnte nicht mehr flüchten,
Ich schlief und träumte ohne Scham von süßen Sommerfrüchten…

ein Haar

Auf meiner Decke treibt ein Haar,
erzählt von unsrer ersten Nacht.
Die Luft war warm und sternenklar.
Es ruht im Meer und schaukelt sacht.

Aus meinem Laken klingt ein Haar.
Als ich dich wie die Geige hielt,
bot es sich mir als Saite dar.
Ich habe leis auf ihr gespielt.

Auf meinem Kissen schwebt ein Haar.
Als Fragezeichen ruht es da.
Nach einem Traum, der Antwort war,
verheißt es mehr, als je geschah.

Tagebuch

Ich möchte dich in frühen Kinderschuhen küssen,
in kurzen Hosen mit dir durch die Wälder streifen,
an deiner Seite langsam in die Zukunft reifen,
und mit dir werden, ohne dies zu schnell zu müssen.

Ich möchte mit dir bunte Drachen steigen lassen,
mit dir aus kleinen, selbst geschossnen Plastikflaschen
auf Kirmesbänken bunte Liebesperlen naschen,
und dich beim Rummelbummel an den Händen fassen.

Ich möchte mit dir winters auf den Schlitten lachen,
auf Stelzen kichernd durch die Sommer staksen,
im Takt der Jahre mit dir durch die Jugend wachsen,
und wenn es an der Zeit ist, erstmals Liebe machen.

Ich möchte unsre Nasen aneinander reiben,
an deinen Lippen meine neue Heimat finden,
das Tagebuch des Lebens kunstvoll mit dir binden
und jede Seite eng mit unserm Glück beschreiben.

Reisefieber

Hab Reisefieber, seit ich dich getroffen,
ich schnür mein Bündlein, doch mein Ziel ist offen.
Ich packe pfeifend meine Siebensachen,
Geduld, Begehren, Kraft und Mut, mein Lachen,
Vertrauen, Lust und Liebe ohne Schranken.
Ach, das sind acht? Ich will dem Schicksal danken,
und wär am Ende wirklich nicht verwundert,
fänd ich, bevor der Koffer voll ist, hundert.

gewählt

Ich habe dich gewählt aus einem Meer von Sternen,
entnahm dem Glitzern das mir allerhellste Stück,
ich blickte auf und sah: alsbald nach dem Entfernen,
blieb mancher Stern verblüfft im tiefen All zurück.

Ich habe dich gewählt aus einem Meer von Fischen,
und angelte gezielt den schillerndsten heraus,
nun sehe ich die andern ihre Tränen wischen,
das sieht im Wasser jedoch etwas seltsam aus.

Ich habe dich gewählt aus einem Meer von Blüten,
doch nicht die Farbe wars, es war der süße Duft,
den ich erwählte, um ihn fortan zu behüten.
Die andern Blumen schauen schniefend in die Luft.

Ich habe deins gewählt aus einem Meer von Herzen,
es hat hat so ähnlich wie mein eigenes geklopft,
die andern stehn in einem Wald von Hoffnungskerzen,
aus deren Wachs uns Zukunft in die Liebe tropft.

komm her

Aus Lust zurück ins Bett von Blumenblättern fallen,
nicht stürzen: gleiten, sanft ins weiche Blütenmeer,
erschöpft uns zärtlich neubeginnen nach dem Wallen,
uns küssend halten, bald dann wieder rangeln, krallen –
uns neu erheben, neu verweben, kreuz und quer,

das wünsch ich mir so sehr… komm her…

Setzlinge

Zwei Setzlinge aus einem Kern,
doch je an andrem Platz gezogen,
so waren wir uns räumlich fern,
doch stets einander zugewogen.

Auf einmal kam der warme Wind,
und sah uns Sehnsuchtstränen weinen,
blies unsern Samen wohlgesinnt
zum gleichen Ort, uns zu vereinen.

Jemanden lieben

Jemanden lieben heißt vor allem fragen,
zuerst den Menschen im Geschlecht zu sehen,
sich ohne Grenze zu ihm hinzuwagen,
und im Geliebten auch zum Freund zu gehen.

Jemanden lieben heißt sich ganz entblößen,
sich ohne Scheu dem andern zuzumuten,
mit ihm des Lebens Schnellen zu durchflößen,
und ihn, mit allem was man ist, zu fluten.

Jemanden lieben heißt es laut zu sagen.
Doch auch im stillen Tun kann er verstehen,
denn selbst im Schweigen liegt ein Brückenschlagen,
und auch auf dieser Brücke kann man gehen.

verschollen

So manchmal machen Worte, was sie wollen
ganz gleich, welch Sinn ich sorgsam in sie leg.
Mir scheint, ihr Sinn ist oftmals schon verschollen,
kaum sind sie ausgesprochen auf dem Weg.

Was ich auch sag, man scheint zuerst zu hören,
nur was genehm und nicht zu schwierig klingt,
Kritik scheint manche derart zu empören,
dass nie ein Ton in ihre Seele dringt.

Man nickt und hat kaum später schon vergessen,
was ich gesagt hab, oder was gemeint,
schaut irritiert und kann wohl kaum ermessen,
wie sehr ich leide, wenn man mich verneint.

Drum schweig ich künftig wie ein Grab und schmolle,
den Buckel krumm, lad ich zum Rutschen ein,
hab ich zu meckern, muss es wohl die volle
verbale Ladung auf dem Schriftweg ein.

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