Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Monat: August 2009

Motodrom

Der Kautschuk krallt sich zäh ins Labyrinth der Spuren,
frisst sich ins Mark und schwängert das Asphaltatom,
Benzindampf lockt die Phalanx helmbewehrter Huren
durch spiegelflirrend heiße Luft ins Motodrom.

Ein Röhren dröhnt aus hoch gezüchteten Motoren
die Welt im Chaos preist und lobt den Götzen Chrom,
schon jagt ein Blitz durch Mark und Bein der Matadoren,
ein Ampelkanon stimuliert das männliche Genom.

Die Masse tobt – ihr nackter Wahn kennt kein Volumen,
kein Maß mehr, als die Welt den neuen Gott gebiert,
er peitscht sein Stahlgeschoss hart über den Bitumen,

bis er sich tödlich in der Raserei verliert,
nichts von ihm bleibt als ein paar windverwehte Krumen,
mit denen er den Mob enthemmt aphrodisiert.

Jahresringe

Im Wesen ein Baum,
gezeichnet von Jahresringen
mir unter den Augen,
hängt schwer in den Ästen
mein herbstwelkes Laub.

Gefangen im Traum
such ich nach den wahren Dingen,
die mir jetzt noch taugen,
geplagt von Gebresten,
erblindet und taub.

Der Tod naht zum Raub
labt sich an den Resten
ich lasse ihn saugen,
und gleite auf Adlerschwingen
still über den Saum.

Gedichte

Gedichte taugen nicht zur Bibel,
sind weder Epos noch Traktat,
zu kurz selbst für die dünnste Fibel,
sind sie Gedankenkonzentrat.

Gedichte haben es nicht eilig,
obwohl meist knapp in der Diktion,
sie wirken eher zwischenzeilig
und schlagen einen Herzenston.

Ihr Wert ist niemals nur phonetisch,
erschöpft sich nicht im schönen Klang,
aus ihnen klingt die Welt poetisch
in tief gefühltem Sprachgesang.

Gedichte huldigen dem Leben,
sie rufen auf und schenken Halt,
vermögen Trost und Mut zu geben,
und trotzen lyrisch der Gewalt.

Gedichte können Wege zeigen
aus einem Sein, das sinnlos scheint,
ihr Kraftquell ist beredtes Schweigen,
sie spenden Freude, wo man weint.

Tatenlos

Hab einen Mund zum Sagen,
zwei Augen um zu sehn,
schwieg ohne Kraft an vielen Tagen,
ließ reiche Zeit wie blind verwehn.

Hab Ohren um zu lauschen,
zwei Füße, um zu gehn,
statt deiner hörte ich ein Rauschen,
blieb stumm in Angst gefangen stehn.

Zu spät mein Herz zum Lieben,
die Lippen, um zu flehn,
sah unser Glück ins Nichts zerstieben,
ließ alles tatenlos geschehn.

Morgenaquarell

Auf deinen weichen Körper malt das frühe Licht
ein Aquarell von Sehnsucht und Begehren,
mag meine Welt, wenn es sich wärmend auf dir bricht,
pastellgefärbt von Zauberhand entschweren.

Dein Atem spielt mit einer Strähne im Gesicht,
ein Seufzen schürt das schüchtern mich Verzehren,
dich aus dem Traum zu wecken, wage ich noch nicht,
will nicht dies Bild durch meine Lust entehren.

Du schlägst die Augen auf und flutest meine Seele
mit Liebe, die mich jäh in einen Strudel reißt,
in tiefster Brust ein Wollen ohne Parallele,

das wie ein Feuersturm in meinen Venen kreist,
in den ich mich beherzt und resigniert befehle,
weil er, wenn ich mich füge, in den Himmel weist.

Bilden Sie mal einen Satz mit…

52 kurze Reime mit Sprachspielchen:

Schampoo, Waschtisch
Juckt dir der Hintern nach dem Klo,
dann Waschtisch lieber ra Schampoo.

Duschgel
Du sagst, Marie will was zum Saufen?
„Duschgel ikörchen für sie kaufen“.

Sansibar
Die Rechnung teil’n Sie aber sonderbar –
es zahlt per Scheck Susann, Si Bar.

Juist, finnisch, Baltrum
Juist bin ich da, das finnisch dumm,
ist mein Urlaub auch Baltrum.

Rotorblatt
Ich hab den Sonnenbrand so satt,
hau mir vor Schmerz mein Rotorblatt.

Bratsche
„Die Makrele is ja kalt!“
„Bratsche halt!“

Shakespeare
Meine Drinks, die zahl ich bar.
Mit Shakespeare zahlen? Sonderbar!

Kriechtier
Schmeckt das Bier zu sehr nach Malz,
Kriechtier isch einen Hals.

Theodizee (Motto der Nagelpflege)
Bevor ich nach seinen Fingern seh,
mach ich zuerst dem Theodizee.

Segelboot
„Nicht mehr?“, der Medicus ward rot,
als man ihm nur sech Segelboot.

Ikone
Der Berliner spricht zum Sohne:
„Gehs‘ Du mit Schlips, dann geh Ikone.

Tischnisch(e), Richtertisch
Ist er auch blind – wäscht Du Tischnisch‘,
dann kommt der Tag, da Richtertisch!

Zugfahrschein
Stöhnt der Säufer hochnotpeinlich.
dann ist er auf Ent Zugfahrschein lich.

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Dampfer, Fahrlässig
Ist schnelles Fahren dir zu stressig?
Geh doch vom Gas und Dampfer lässig.

Schalterhalle
„Du Barry, bist ’ne alte Schnalle!“
So rief er laut und Schalterhalle.

Parkuhr
Er meisterte mit viel Bravour
jeden Querfeldeinparkuhr.

Oberhausen
Des Kellners Nachbar sprach mit Grausen:
„Erschreckend, wie manch Oberhausen!“

tragisch
„Drei nimmst Du, und zwei gib mir –
denn die beiden tragisch dir.“

Schabernack
Als ich sie an der Brust anpack,
war sie im Kleid, i Schabernack t.

Starenkasten
In Indien sind soziale Lasten
oft Folge von zu Starenkasten.

Indianer
„In Paula steck ich ihn nicht rein,
will lieber Indianer sein!“

Salz (H. Erhard gewidmet)
Des Gauners Leben endet schnell,
passt er nicht auf NACL.

Wasser
Friseur und Kundin klingen froh,
denn sie hört für ihr H2O.

Elefant, Waterkant
Der Peter hat wie N Elefant,
bei Dunkelheit kaum Waterkant.

Hexameter
Der Richter sah, das was nicht stimmte,
weil die Hexe nur so glimmte.
So stand er auf und lauthals rief er:
„Hängt die Hexameter tiefer!“

Tel Aviv
Diog’nes, der in Tonnen schlief,
aß aus der Hand demonstrativ,
weil er auf den Tel Aviv.

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Alles fließt (Panta Rhei)
Aus dem Zelt – Dompteurgeschrei:
„Schickt mir doch mal den Panta Rhei!“

Heraklit
Zeus war von der Liebe müd‘,
als er erschöpft von Heraklit.

Samarkant (Samarkand)
Der Frauenschänder, wie bekannt,
wird im Labor am Samarkant.

Languste
Von ihr gehörnt, schwor Bastian:
„Languste dir das nich‘ mehr an!“

Skier Barbier
„Bedienung! Wir verdursten Skier –
drum bring uns schnell noch ein Barbier!“

imposant
Die schlimmsten Makel hier am Strand
sind Sonnenbrand und imposant.

Tiflis
Jürgens Glied schwoll vor Entzücken,
weil Magdas Ausschnitt Tiflis blicken.

Sofia
„Wann soll ich mich blicken lassen?“
„Sofia bis fünf, das täte passen.“

Weihnachtsfest
Der Winzer hält den letzten Rest
von seinem besten Weihnachtsfest.

Clown, Etappen
Man schießt den Pferdedieb vom Rappen,
lässt dieser sich beim Clown Etappen.

Sandalen
Willst Du nicht für die Liege zahlen,
musst Du sich wohl im Sandalen.

Sydney
Merke: deine Frau zu Haus
Sydney so wie ein Model aus.

dynamisch
Der Drink schmeckt fad‘, obzwar sehr frisch,
wenn ich ihn etwas dynamisch.

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Rasta
Dope in Kingston braucht zwecks Ahndung,
behördlich eine Rastafahndung.

Puszta
„Der Bienenstich schmerzt echt fatal –
drum sei so gut und Puszta mal!“

Fungizid
Bei Pizza kommt viel Käse mit,
wenn man an den Fugizid.

Nathalie
Vom Schlangenfänger sah man nie,
dass er wem eine Nathalie.

Ministrant
Man teilt mit vielen wenig Sand,
am Urlaubsort mit Ministrant.

T-Shirt
Manch Kellner scheint echt irritiert,
wenn er konfus um den T-Shirt.

Mandschurei
Kriegt das Baby Haferbrei
führt das meist zu Mandschurei.

Frustration
Der Trauerkloß mampft morgens schon
seine erste Frustration.

Davos, Chur
„Krank bin ich, was hilft mit nur?“
„Davos schön ist, mach ’ne Chur!“

Bonduelle
Der Spion stirbt meistens schnell,
beim Kampf mit James im Bonduelle.

Deutschlandachter
Was hat den Heine müd‘ gemacht?
An Deutschlandachter in der Nacht!

Almanach
Der Chorchef schimpft: „Schluss mit dem Krach!
Seid still jetzt und singt Almanach!“

Cholesterin
„Schatz der Ofen will nicht ziehn!“
„Weiß auch nicht, aber Cholesterin…“

Im Eiscafe

Da sitzen wir nun beide,
ich schau dich schüchtern an,
doch schwör ich süße Eide,
Du denkst wie ich daran.

Beim Kreuzen unsrer Blicke,
fließt heiße Energie,
und kleine Missgeschicke,
sind Folge der Magie.

Der Kaffee will nicht schmecken,
das Eis schmilzt still dahin,
ich möchte daran lecken,
fast seh ich dich darin.

Den Kaffee an den Lippen,
dein Blick – Obsidian,
doch ich kann selbst nicht nippen,
ich zittre momentan.

Die Spitze deiner Zunge,
fährt sanft ins Eis hinein,
ich fühl mich wie ein Junge,
und will ein Löffel sein.

Ein Tropfen Stracciatella
stürzt dir ins Dekollete,
mein Herz tanzt Tarantella,
als ich es schmelzen seh.

Inmitten deiner Brüste,
ein kühler Fluss aus Eis,
in meiner Brust Gelüste,
darauf erhitzter Schweiß.

Mit einem Fingerstreichen,
nimmst Du den süßen Fund,
und steckst ihn wohl als Zeichen
für mich in deinen Mund.

Die Augen halb geschlossen,
saugst Du den Finger blank,
leckst weiter unverdrossen,
ich fühl mich schwach und krank.

Mein Bein spürt deine Zehen,
ich atme seufzend aus,
frag machtlos: „Ich will gehen.
Hast Du noch Eis zuhaus?“

Im Wind

Mein Sinn verliert sich jäh im Zauber deiner Farben,
dein Regenbogenlicht fängt meinen Blick,
dein Lächeln löst das harte Fruchtfleisch meiner Narben,
bannt altes Leid in Bernsteinperlen voller Glück.

Auf meiner Zungenspitze mischen sich Kristalle
aus Narbentränen und dem Salz von deiner Haut,
und tief legiert ein Strom geschmolzener Metalle,
der sich wie Lava brodelnd an den Schleusen staut.

Ein Sturm bricht los und all die Lust aus unsern Lungen
verdampft im heißen Regenvorhang des Monsuns.
Beim Tanz im Wind vom andern ganz und gar durchdrungen
verschmelzen wir im Tiegelauge des Taifuns.

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