Gedichte gegen das Alltagsgrau...

Schlagwort: Zeit (Seite 1 von 2)

Mit der Zeit

Wenn Du jetzt gehst, zerspringt das All in abertausend Stücke,
die Sterne stürzen sterbend aus dem Schwarz der warmen Nacht,
zerschellen klirrend auf den letzten Metern unsrer Brücke,
ich falle kopflos, wie aus einem Fiebertraum erwacht.

Das Bodenlose scheint mir letzte Heimat ohne Seele
in der ich jetzt und alle Ewigkeit gefangen bin.
Der Durst nach deiner Nähe brennt wie Feuer in der Kehle,
die Lust auf deine Haut vernebelt traurig meinen Sinn.

Ich spür den Aufschlag nicht auf diesem Ozean der Scherben,
bin fast betäubt vom Schmerz, der wie ein Sturmwind in mir tost,
kann ohne dich nicht leben und will ohne dich nicht sterben,
find weder Linderung noch irgendeine Form von Trost.

Ich schließe meine Augen, seh dein Lachen und ich träume,
Du wärst bei mir mit deiner uferlosen Zärtlichkeit,
durchstreif auf Strernensplitterböden suchend leere Räume,
doch finde nur Gedanken, die verblassen mit der Zeit.

Sehnsucht

Sehnsucht…
Und die Zeit verrinnt
Wie Harz an seinem Baum.
Und wenn wir dann zusammen sind,
Verfliegt sie wie im Traum.

Ach könnte ich die Regel drehn,
Die traurig ich beklag,
Dann wär die Zeit, bis wir uns sehn,
Ein schöner Wimpernschlag.

Und jede Stunde unsrer Zeit,
Die zärtlich uns betört,
Sie dehnt sich in die Ewigkeit
Bis uns die Welt gehört.

Im Sternenschein

Du bist Geschenk,
behutsam zieh ich an der Schleife.
Wie still sie in den Schatten fällt.
Erregt und seltsam schüchtern streife
ich das Geflecht von deiner Welt.

Fast bin ich bang,
ich könnte deine Haut verletzen,
als ich dich zittrig beben spür.
Ich öffne dich. Da ist kein Hetzen,
wir haben Raum und Zeit dafür.

Du schaust mich an,
ich schiebe meine starken Hände
sanft unter dein Geschenkpapier,
durchstreife streichelnd dein Gelände
und suche deine Herzenstür.

Da ist sie schon,
ich spüre dich zerfließen
so wie ein Rinnsal im Gestein.
Die Zweifel, die dich zaudern ließen
vergehn beim Kuss im Sternenschein.

kurz und echt

Die Zeit verrinnt, ich komm nicht mit,
ich fühl mich unzuhaus,
und halte ich mal mit ihr Schritt
geht mir die Puste aus.

Die Erde dreht sich zu geschwind.
Der Schwung der Rotation
reißt mich zum Grund, der harte Wind
bedroht mich kakophon.

Ist das mein Schicksal bis in Grab?
Bin nicht dazu bereit.
Ich stecke einen Eichenstab
ins Speichenwerk der Zeit.

Die Achse knirscht, die Welt steht still,
das alte Sein zerbricht.
Der Mensch fällt aus dem Scheinidyll
ins Nichts und strebt zum Licht.

Die Nabe birst, der Boden bebt,
mein schöner Traum zerfällt,
doch lieber kurz und echt gelebt,
statt lange und verstellt.

gewichtig

gewichtigWas wiegt wohl ein Sternenfunkeln,
was am Tag das Sonnenlicht,
hat die Angst bei Nacht im Dunkeln,
sowas wie ein Molgewicht?

Welche Schwere haben Zahlen,
wieviel Gramm hat wohl ein Kreis,
welche Masse nach dem Malen
hat im Aug das Künstlerweiß?

Zeigt die schönste Menschenseele
auf der Waage etwas an,
hat die Wut in einer Kehle
etwas, das man wiegen kann?

Manches, das an Unzen nichtig,
wie das Glück, der Traum, die Zeit,
ist von Wert und schwergewichtig
in des Menschen Wirklichkeit.

Die Sanduhr

Ich sitze meine Zeit hier ab,
als sei sie eine Strafe,
zähl dämmernd bis ins kühle Grab
die Menschen, so wie Schafe.

Ich schlage meine Stunden tot
auf einer öden Erde,
und kämpfe um den Kanten Brot,
als Lemming in der Herde.

Ich höre jedes feine Korn
durch meine Sanduhr rinnen,
zu gerne würde ich von vorn
mein Lebenswerk beginnen.

Möbiusschleifen

Ich reiße die Zeit
in hauchfeine Streifen,
verziere dein Kleid
mit schneeweißen Schleifen.

Ich krümme den Raum
und forme ein Kissen
aus luftigem Flaum,
um dich drauf zu küssen.

Ich reiße dein Kleid
in hauchfeine Streifen,
verflechte die Zeit.
zu Möbiusschleifen.

Ikea-Liebe

Ikea heißt vor allen Dingen,
(wer kann davon kein Liedchen singen),
sich selbst die letzten Nerven rauben,
beim Möbelbau zum Selberschrauben.

Ob Billy, Bonde und Konsorten,
Gefluche hört man allerorten,
schmeißt man vor Wut beim Möbelstecken
sein Werkzeug wütend in die Ecken.

Am Ende geht zum Lohn der Flüche,
das Möbel wieder in die Brüche,
zerfällt rasant in Windeseile
in hunderttausend Einzelteile.

Drum zimmern wir ein neues Glück
nicht als IKEA-Möbelstück.
Wir wollen statt zu schnell zu bauen,
auch sorgsam auf die Statik schauen,

sowie beim Kauf von Einzelteilen,
nicht allzu hastig uns beeilen,
und wollen sie mit Mut und Glauben,
ganz sicher und stabil verschrauben,

damit das Möbel, das entsteht,
auch niemals in die Brüche geht,
wodurch das Glück für immer bliebe,
und nicht nur als IKEA-Liebe…

Letzte Bänder

Der fahle Mond nährt sorgsam kahle Zweige
mit seinem nüchtern kalten Spiegellicht,
des Sommers Leuchten geht zur letzten Neige,
wenn kühler Wind die späte Wärme bricht.

Das nasse Blattwerk treibt verspielt im Regen,
von müden Bäumen, die ins Rot sich färben,
ich will mich jetzt noch nicht zur Ruhe legen,
in einer Herbstnacht möchte ich nicht sterben.

Es fällt der weiche Schnee aus Wolkentürmen,
die nackte Erde färbt sich sittsam weiß,
schon bald, inmitten von Dezemberstürmen,
schließt sich auf stillem See ein Hauch von Eis.

Umspielt vom Silberschein der sanften Flocken,
entspringt am Fuß der schwer behängten Weiden,
ein erstes zartes Grün von Osterglocken,
im Winterschlaf der Welt will ich nicht scheiden.

Im März verzaubern fröhlich neue Triebe,
die Welt mit ihrem bunten Farbenspiel,
in Knospen lockt ein Glaube an die Liebe,
die jüngst dem harten Frost zum Opfer fiel.

Ein Hoffnungsfunke spricht aus jungen Blüten,
wenn sie, sich öffnend, in den Sommer weisen,
mein Herz geht auf in diesem satten Brüten,
im Frühling möchte ich nicht heimwärts reisen.

Hell strahlt das Licht aus üppig gelben Feldern,
sein Zauber füllt die Welt mit praller Lust,
ein tiefer Tannenduft aus grünen Wäldern
erfüllt mit Kraft und Hoffnung meine Brust.

Erst wenn zuletzt die schönen Tage weichen,
und wir von fern des Malers Leinwand sehen,
wenn Herbst und Sommer sich die Hände reichen,
bin ich bereit, den letzten Weg zu gehen.

Doch kommt das Ende nicht nach dem Kalender,
auch weiß er nicht, wann Du berufen bist.
Drum leb ich so, dass meine letzten Bänder
sich lösen, wenn in mir ein Sommer ist…

Die Zeit

Die Zeit zu fassen, wird dem Geist wohl stets misslingen,
uns ist sie Äther im, und Band zum Jetzt und Hier,
sie ist verwoben in uns Menschen und den Dingen,
wie auch das Ding und wir sind fest verknüpft in ihr.

Es misst die Uhr nichts sonst, als nur den Gang von Zeigern
auf einer sturen Reise um ein Ziffernblatt,
doch hilft ihr nicht, auch wenn sie ihr den Dienst verweigern,
dass auch die Uhr ihr Alter und ihr Ende hat.

So sind wir alle in den viel zu knappen Tagen,
wie jedes Wesen in der äußeren Natur,
von gleicher, aber dennoch eig’ner Zeit getragen
und jedes Tun ist wie das Ticken einer Uhr.

Mal fließt die Zeit wie zähe Lava schwerer Stunden,
mal jagt sie wie im Falkenflug beschwingt ins Nichts,
dann dehnen zu Äonen sich uns Schmerzsekunden,
und mancher Tag vergeht im Flackern eines Lichts.

Was wären wir, erlöst von jener letzten Grenze,
wie wär der Wert des Daseins, wenn man ewig lebt?
Wo läg der Sinn des Lebens, ohne jene Gänze,
nach der man angesichts des Neins im Ende strebt?

Ein heller Blitz im Schwarz der Nacht ist unser Leben,
der Bauch der Mutter und die Erde sind sein Schoß,
lebt man die Zeit als Auftrag und Geschenk gegeben,
lässt man im Abschied traurig, aber friedlich los…

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